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Die stillen Heldinnen

09.11.2017

VON CHRISTINE HAIDEN

Zu Beginn dieser Woche war ich beim Begräbnis eines al­ten Herrn. Er wurde sechs Jahre lang daheim gepflegt. Die beiden Pflegerinnen, eine Frau aus der Slowakei und eine aus Rumä­nien, waren auf der Parte ausge­wiesen, als wären sie Mitglieder der Familie. Das fand ich einen sehr feinen, wertschätzenden Zug. Bei der Verabschiedung haben bei­de heftig geschluchzt und mich damit sehr berührt. Während das professionelle Pflegepersonal in den Altenheimen lernt, sich abzu­grenzen, sich nicht jeden Tod nahe gehen zu lassen, und außer­dem regelmäßig Dienstschluss hat, leben die Rund-um-die-Uhr-Pflegerinnen ganz intim mit einem fremden Men­schen zusammen. Er wird ihnen vertraut. Sie ken­nen ihn näher als die eige­nen Kinder, halten mehr aus als alle anderen um ihn und überschreiten die inneren Grenzen eines bloßen Jobs, wenn sie über lange Zeit im Haus sind. Sie sind Tag und Nacht bei den alten Menschen, waschen und pflegen sie, kochen und putzen für sie und tun all das, was Angehörige sich nicht Zutrauen oder wollen. Wenn man von stillen Heldinnen sprechen kann, sind sie es. Nicht immer gehen die Einsätze glatt.

Nicht nur die Sprache kann eine Hürde sein. Manchmal stimmt auch die Chemie nicht, und ein Einsatz wird abgebro­chen. Oder es gibt unter­schiedliche Vorstellun­gen, was die Pflegerin zu tun hat. Weil das Geschäftsfeld groß ist, ha­ben in der Vermittlung auch Schar­latane ein Eldorado gefunden.

Ein Großteil der privaten Pflege wäre ohne die Frauen aus dem Os­ten nicht zu schaffen, schon gar nicht zu diesen Preisen. Nicht ein­mal die rabiatesten Ausländer­feinde wollen sie loswerden. Wie es inzwischen den daheimgeblie­benen Familien geht, tangiert viele nicht. Der eingangs erwähnte Herr hatte sich für Männer und Kinder seiner Pflegerinnen interessiert. Er unterhielt sich mit ihnen via Skype und bedachte zu Geburtstagen auch den Nachwuchs seiner „En­gel“, wie er sie nannte.

Die meisten dieser Flügelwesen mit Bodenhaftung gehen ihrer Kin­der wegen in den Westen arbeiten. Sie wollen deren Ausbildung finan­zieren, den Grundstock für Besitz und ein besseres Leben schaffen. Nicht immer geht dieser Wunsch in Erfüllung. Die lange Abwesen­heit der Mutter setzt manchen Kin­dern zu. Sind die Familienverhält­nisse instabil und schwierig - Sucht, Armut, Gewalt -, kann Geld die fehlende Geborgenheit nicht ersetzen. Dieses Dilemma lässt sich nicht einfach auflösen. Aber zumindest kann man sich vor Au­gen halten, wie sehr wir davon pro­fitieren, dass es anderswo wirt­schaftlich schlechter geht.

Die Pflegerinnen des alten Herrn werden zum nächsten Ein­satz weiterziehen. Sie werden sich wieder einlassen auf einen frem­den Menschen, werden Tag und Nacht bei ihm sein und am Ende um ihn weinen. Das ist mehr, als man gegen Geld bekommen kann.


Dr. Christine Haiden ist Chefredak­teurin der Zeitschrift Welt der Frau.

 


 

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